Stellungnahmen des Anwaltsverbandes Baden-Württemberg

Der Anwaltsverband äußert sich zu Gesetzgebungsvorhaben, die die Rechtsanwaltschaft betreffen, z. B. hinsichtlich der Möglichkeiten zur Einlegung von Rechtsmitteln, und gibt seine Stellungnahme sowohl im Rahmen von Verbändeanhörungen in den zuständigen Ministerien als auch bei Anhörungen im Landtag ab. Zu diesem Zweck stimmt er sich mit den Vorständen der 25 Mitgliedsvereine ab, um möglichst mit einer Stimme zu sprechen und die Vielfalt der im Flächenland Baden-Württemberg tätigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu berücksichtigen.

 

Unsere letzten Stellungnahmen:

 

  • 30. Mai 2024: Stellungnahme zum Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof BW

    Das Staatsministerium BW gab dem Anwaltsverband BW im Rahmen der Verbändeanhörung Gelegenheit zur Äußerung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof gemäß Nr. 5.3.2 der Verwaltungsvorschrift der Landesregierung und der Ministerien zur Erarbeitung von Regelungen (VwV Regelungen).  

    Der Verfassungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg wurde bisher als eigenständiges Verfassungsorgan von den bestehenden bundes- und landesrechtlichen Vorschriften über die elektronische Aktenführung in der Justiz und den elektronischen Rechtsverkehr nicht erfasst. Dementsprechend arbeitete er bislang ausschließlich mit Papierakten und ohne die Möglichkeit einer elektronischen Dokumentenübermittlung; Rechtssuchende können sich derzeit ausschließlich auf dem Postweg oder per Fax an den Verfassungsgerichtshof wenden. Das erscheint nicht mehr zeitgemäß.
    Deshalb sollen mit dem Gesetzentwurf die rechtlichen Grundlagen für eine elektronische Aktenführung sowie die Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs beim Verfassungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg geschaffen werden. Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zum elektronischen Rechtsverkehr und zur elektronischen Aktenführung sollen in ihrer jeweils geltenden Fassung auf Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof für entsprechend anwendbar erklärt werden.

    Der Anwaltsverband befürwortete das Anliegen, forderte aber zugleich eine angemessene Verlängerung der bisherigen lediglich einmonatigen Frist für die Einlegung und Begründung einer Landesverfassungsbeschwerde. Nur so könne der von der grün-schwarzen Landesregierung propagierten "Politik des Gehörtwerdens" wirklich Rechnung getragen werden. Außerdem schlug der Anwaltsverband Neuregelungen für die Ersatzeinreichung bei flächendeckenden vorübergehenden technischen Störungen des elektronischen Rechtsverkehrs vor. Im Herbst 2023 waren alle Justizbehörden wegen Wartungsarbeiten am Intermediär für 4 Tage nicht elektronisch erreichbar. So etwas könne sich wiederholen. Dafür brauche man keine arbeitsaufwendigen Ersatzeinreichungen, sondern andere Lösungen. Überflüssige Bürokratie lasse sich so für alle Seiten vermeiden.  

  • 18. März 2024: Stellungnahme zum Entwurf eines Gleichbehandlungsgesetzes Baden-Württemberg

    Der Anwaltsverband kritisierte in seiner Stellungnahme, dass die Gesetzesbegründung bisher keine konkreten Anwendungsfälle benannte. Er hält die Idee einer Amtshaftung für die Betroffenen in der Praxis wenig hilfreich, weil sie erst nach langer Zeit (nach vergeblicher Ausschöpfung anderweitiger Rechtsmittel) einen kostenträchtigen und risikobehafteten Amtshaftungsprozess vor dem Landgericht anstrengen müssten, um ihre möglichen Ansprüche durchzusetzen. Angesichts von anhaltendem Personalmangel in der Justiz und den Behörden sowie überbordender Bürokratie bei den öffentlichen Stellen scheinen dem Anwaltsverband Mitarbeiterschulungen und unbürokratische Schlichtungsverfahren zielführender, um unzulässige Benachteiligungen erst gar nicht entstehen zu lassen und schneller Abhilfe zu schaffen.  

  • 5. Dezember 2023: Stellungnahme zum Gesetzentwurf "Änderung des Ausführungsgesetzes zum Sozialgerichtgesetz und zur Änderung weiterer Vorschriften"

  • 13. Januar 2023: Stellungnahme für die Enquetekommission "Krisenfeste Gesellschaft" des Landtags von Baden-Württemberg – Lehren aus dem Umgang mit der "Corona-Pandemie" - Effektive staatliche Krisenvorsorge, -früherkennung und -bekämpfung - konkrete Handlungsempfehlungen

    Am 22.11.2022 erhielt der Anwaltsverband BW die Anhörungsunterlagen sowie den Einsetzungsbeschluss vom 7.2.2022, LT-Drucks. 17/1816. Der Anwaltsverband hat sich in seiner vor allem auf rechtsstaatliche Aspekte konzentrierten Stellungnahme dafür ausgesprochen, dass der Zugang zum Recht auch bei Kontakt- und Ausgangssperren gewährleistet werden muss. Er plädierte dafür, dass wesentliche Grundrechtseingriffe dem Parlament vorbehalten bleiben müssen. Grundrechte stehen für den Staat nicht zur Disposition – sie sind ihm durch das Grundgesetz und die Europäische Grundrechte-Charta vorgegeben. Sie binden alle drei Gewalten, nicht nur die Verwaltung und die Gerichte, sondern auch den Gesetzgeber.
    Als besonders wichtig für die Akzeptanz der Notstandsregeln haben sich die unabhängige gerichtliche Überprüfbarkeit auf deren Rechtmäßigkeit, insbesondere durch die Verwaltungsgerichte und Verfassungsgerichte mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit und auf die übrigen Grundrechte, wie Art. 8, 12 oder 14 GG, u. U. auch im Schnellverfahren erwiesen. Damit beratende und prozessvertretende Anwälte auch bei länger andauernden Krisen auskömmlich arbeiten können, muss aber auch die Kostenerstattung bei den Gerichten aufrechterhalten werden. Den Zugang zum Recht garantiert nicht die Justiz, sondern die Anwaltschaft. Deshalb ist die Anwaltschaft ebenfalls systemrelevant. Die Senkung der Umsatzsteuer von 19 auf 16 Prozent für ein halbes Jahr bedeutete für die Anwaltschaft viel Aufwand, aber keine Vorteile.
    Wenngleich eine plötzliche Katastrophe eine Ausbildung zu unterbrechen vermag, sollte in der Krisensituation deren Fortführung unbedingt aufrechterhalten werden. Das gilt im juristischen Bereich ganz besonders für die dualen Ausbildungsberufe, wie zur Rechtsanwaltsfachangestellten, aber auch das Studium der Rechtswissenschaften und Referendarausbildung. Gerade in Krisenzeiten wird besonders viel und schnell juristischer Sachverstand benötigt. Längere Pausen könnten die Nachwuchskette unterbrechen gerade bei der derzeit demografisch schnell alternden Anwaltschaft. Soll das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat aufrechterhalten bleiben, so muss die Kommunikationssphäre zwischen Mandantschaft und Anwaltschaft zwingend umfassend normativ geschützt werden.
    Für Verhandlungen sind Videokonferenzen nicht optimal. Die Abstimmung mit dem Mandanten ist schwieriger. Zwischentöne oder die Öffentlichkeit gehen verloren. Internet und Strom müssen sowohl am Ort des Rechtsanwalts als auch am möglicherweise weit entfernten Gerichtsort jederzeit verfügbar sein. Hierfür muss – ebenso, wie für das Gesundheitswesen oder Schulwesen – Vorsorge getroffen werden. Nicht übersehen werden darf, dass ein Großteil der Bevölkerung, seien es Kinder, Migranten, gering Qualifizierte oder Senioren, nicht über ein ausreichendes elektronisches Equipment verfügt. Wegen dieses Abgeschnittenseins von der Digitalisierung des Rechtsverkehrs ist es erforderlich, auch in Krisenzeiten, einen zumutbaren körperlichen Zugang zur Justiz und Anwaltschaft zu ermöglichen. Für Krisen sollten Fristverlängerungen in unwichtigeren Verfahren oder Verjährungsunterbrechungen vorgesehen werden.
    Der Anwaltsverband wies auch auf die Beachtung des Datenschutzes bei "Warn-Apps" u. ä. sowie die erforderliche Flexibilisierung der Arbeitszeit hin.

    Weitere Informationen zur Enquetekommission und ihren Ergebnissen finden Sie hier.

  • Frühjahr 2022: Absenkung des aktiven Wahlrechts von 18 auf 16 Jahre und Einführung des 2-Stimmen-Wahlrechts

    Kurz vor Weihnachten 2021 erhielt der Anwaltsverband BW die Anhörungsunterlagen zur Änderung der Landesverfassung und des Gesetzes über die Landtagswahlen aus dem Innenministerium BW. Mit der Erststimme soll ab 2026 ein Abgeordneter direkt gewählt werden, mit der Zweitstimme die Landesliste einer Partei. Die Sitzverteilung im Landtag soll sich nach der Zweitstimme bestimmen. Der Anwaltsverband hat dazu am 24.1.2022 seine Stellungnahme zur Änderung des Wahlrechts in BW abgegeben. Er sprach sich für das 2-Stimmen-Wahlrecht - ähnlich dem zu den Bundestagswahlen - aber unter Verweis auf die Einheit der Rechtsordnung gegen die Absenkung des Wahlalters aus.
    Am 6.04.2022 beschloss der Landtag die beabsichtigten Reformen, vgl. Lt-Drs. 17/2318.
    Für die Gemeinderatswahlen am 9. Juni 2024 in Baden-Württemberg können nun erstmalig auch 16-jährige kandidieren.

  • Frühjahr 2022: Änderung des Justizvollzugsgesetzbuchs BW

    Am 8.12.2021 erreichten den Anwaltsverband BW die Anhörungsunterlagen aus dem Justizministerium zur Überarbeitung des landesspezifischen Justizvollzugsgesetzbuchs. Am 21.1.2022 gab er dazu die Stellungnahme des Anwaltsverbandes vom 21.1.2022 zum Justizvollzugsgesetzbuch BW ab. Seit 2006 fällt der Strafvollzug in die Gesetzgebungskompetenz der Länder. Der Anwaltsverband wandte sich u. a. gegen die Ermöglichung einer gemeinsamen Unterbringung von Untersuchungsgefangenen, auch, wenn Raumknappheit herrsche.

  • Herbst 2020: Gesetz zur Verbesserung der Cybersicherheit (CSG BW)

    Im September 2020 erhielt der Anwaltsverband BW die Anhörungsunterlagen zum „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Cybersicherheit und Änderung anderer Vorschriften“ (Cybersicherheitsgesetz – CSG) aus dem Innenministerium. Das Vorhaben erweckte den Eindruck, als solle so etwas wie ein BSI auf Landesebene, allerdings mit weitreichenderen Kompetenzen, etwa Eingriffsbefugnissen zur Gefahrenabwehr, geschaffen werden. Die Behörde soll im Geschäftsbereich des Innenministeriums mit ca. 80 Mitarbeitern – neben der BITBW – entstehen. Ähnlich Einrichtungen gibt es – neben den Bundeseinrichtungen – wohl schon in Hessen (Cyber-Competence-Center) und Bayern (Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik – LSI). Ungeklärt blieb nach Lesart des Anwaltsverbandes BW, welche Maßnahmen die Behörde auf wessen Kosten anordnen kann; die hiermit zusammenhängenden Fragen stellen sich insbesondere bei einem Tätigwerden gegenüber Privaten:
    - Soll dies Zutritts- und/oder Beschlagnahmerechte der Cybersicherheitsagentur umfassen?
    - Soll sie berechtigt sein, ihrerseits Prüfsoftware auf die Server und Geräte der Betroffenen aufzuspielen?
    - Soll die Cybersicherheitsbehörde „Stilllegungen“ ganzer IT-Systeme anordnen können und – bejahendenfalls – in welchem Umfang und für welche Zeiträume?
    - Soll die Cybersicherheitsbehörde „Ersatzvornahmen“ durchführen können?
    - Wie soll damit umgegangen werden, wenn die Cybersicherheitsagentur zu zögerlich handelt oder die falschen Maßnahmen ergreift? Mit anderen Worten: Haftet die Cybersicherheitsagentur für etwaige Versäumnisse?
    Der Anwaltsverbandes BW hat dazu am 3.11.2020 eine Stellungnahme zum CSG BW abgegeben. Das "Gesetz zur Verbesserung der Cybersicherheit und Änderung anderer Vorschriften" wurde am 4.02.2021 vom Landtag beschlossen, vgl. Lt-Drs. 16/9723.

Zurück

Wir verwenden Cookies, um die einwandfreie Funktion unserer Website zu gewährleisten und unseren Datenverkehr zu analysieren.

Alternativ können Sie dies auch verweigern.